Eigentlich wurde mein Interesse beim Surfen im Internet
auf ein Wohnboot gelenkt.
Der Verkäufer hatte in einer Annonce keine Preisangabe
gemacht und wollte sich am Telefon auch nicht zum Preis äußern.
Spontan fuhren meine Freundin und ich zwecks Besichtigung los.
Im Harburger Hafen lag vor uns ein ca. 66 Meter langes
Getreideschiff.
Schon der Steuerstand hatte die Dimension eines kleinen
Wohnmobils.
Im Heckbereich standen weitere 40 Quadratmeter zur Verfügung.
Vor dem Steuerstand lag der 50 Meter lange und 6 Meter
breite Laderaum – Höhe 5 Meter, größtenteils abgedeckt durch gigantische und
verschiebbare Ladeluken aus Aluminium, sprich: mindestens weitere 300 Quadratmeter
ausbaufähiger Wohnraum vorhanden.
„Etwas zu groß für uns“,
dachten wir, gingen mit dem netten Verkäufer ein Steak essen und
verabschiedeten uns.
Wir tauschten noch unsere Adressen aus, für den Fall das er
mal etwas Günstigeres im Angebot hätte.
(Das Schiff sollte nämlich im unausgebauten Zustand 270.000,00€
kosten.)
Der Verkäufer war ein Millionenschwerer Ölhändler, hatte
mindesten 10 weitere Schiffe im Angebot und der Preis hörte sich aus seinem
Mund an als ob es um eine Tüte Popcorn ging.
Schweigend und schwer beeindruckt fuhren meine Freundin und
ich nach Hause.
Tags darauf tummelten wir uns bei ebay rum und landeten irgendwann mal bei den Wohnmobilen.
Die Mobile, die uns gefielen waren recht unerschwinglich und
die und die uns nicht gefielen, wollten wir nicht haben L
Meine Freundin meinte irgendwann mal: „Ach lass das doch sein, wann willst du überhaupt damit rumgurken, du
hast doch sowieso keine Zeit.“
Ich gabs auf, tröstete mich mit einer Tafel Schokolade und
setzte mich schmollend in eine dunkle Ecke J
Monate später, ich dachte an nichts schlimmes, entdeckte ich
bei „mobile.de“, rein zufällig einen zum Teil gepanzerten alten 814er, einer
Sparkasse, Baujahr 1986 für glatte 10.000,00€.
Das Ding stand in Dernbach in der Nähe von Köln.
Hamburg – Köln bei Regen reizte mich, also donnerten wir los
und schauten uns das Gerät an.
Der Gammel war zwar nicht zu übersehen und ich wusste das da
noch einiges zu investieren war.
Der 814er hatte sich bereits halbwegs kaputt gestanden, die
Maschine hörte sich sehr gut an, der Geruch von Diesel lag in der Luft und ich verspürte plötzlich eine unbeschreibliche
Lust etwas unvernünftiges zu tun aber meine Freundin kniff mich schmerzhaft in
den Oberarm und zische etwas unverständliches in mein altes Ohr.
Es hörte sich an ungefähr an wie: „Wehe du kauft dieses Schrottteil“, oder so ähnlich.
Natürlich kann ich mich verhört haben und sie meinte nur: “Bist du jetzt völlig bekloppt geworden?“
Unverrichteter Dinge fuhren wir auch dieses Mal zurück nach
Hamburg aber ich hatte immerhin noch als heimlichen Triumph die Visitenkarte
des Verkäufers in der Tasche stecken.
Eine Woche später saß ich halbwegs alleine im Intercity auf
dem Weg nach Dernbach, nur begleitet von zwei Kurzzeitkennzeichen und den Segen
meiner Freundin.
„Du machst ja doch immer
was du willst … für was brauchst du ein
eingebautes Stromaggregat, eine Klimaanlage, eine Standheizung, eine
Alarmanlage, Panzerglasscheiben, hydraulische Treppen, eine hydraulische
Abstützung oder so ähnlich … ?“
Am Montag darauf jedenfalls rollte der 7,5-tonner geschmeidig
über die Grube des TÜV Hamburg.
Der darauf folgende Mängelbericht würde wahrscheinlich diese
Webseite lahmlegen und fasse mich deshalb kurz:
Zweimal lebenslänglich, plus 400 Jahre, plus vierfache Todesstrafe
ohne Chance auf Bewährung und Führerscheinentzug.
Bremswirkung NULL, Auspuff teilweise nicht vorhanden, Rost
auch an Stellen wo Rost nicht sein kann, Stoßdämpfer ohne Wirkung, vermutlich aus
der Verankerung gerissen nach einem Ritt
durch Kurdistan.
Ähnlich wie in einem Traum oder in einem Stummfilm nahm ich
zwar die Lippenbewegungen des Prüfers wahr
aber ich hörte plötzlich nichts mehr.
Er forderte mich auf mit in die Grube zu kommen und einen
Blick von unten nach oben zu werfen.
Öl, überall Öl !!
Lose Gelenke, ausgeschlagene Motorlagerung, Risse, durchgescheuert
hier, weggerostet da, dies fehlt, dort wirkungslos, gefährlich und vor allem : „Wie haben sie dieses Ding hierher gebracht?“
Tilt, Game over, keine Plakette, „An Ihrer Stelle würde ich versuchen das Ding zurück zu geben“.
Machen wir‘s kurz Freunde.
Auf meine Freundin habe ich nicht gehört, weshalb sollte ich
dann der Empfehlung eines TÜV-Prüfers folgen ?
Dieses Fahrzeug hat es nicht verdient abgestellt und vergessen
zu werden.
Drum ist alles was auszutauschen war ausgetauscht worden,
aus Trotz und Starrsinn.
TÜV hat er bekommen, ohne den geringsten Mangel.
Jetzt bekommt er auch einen neuen Fußboden, weil er es
verdient hat.
Irgendwann wird meine Freundin mit einem Becher Kaffee in
der Hand vielleicht zu mir sagen:
„Hätte nicht gedacht
wie schön es sein kann, fernab der Straße auf diesen ruhigen See zu blicken…
oder was meinst du …?“